Musik und Theater im Leben von Paul Klee
Als ich neulich im Netz nachsah, wie lange die Ausstellung Paul Klee. Konstruktion des Geheimnisses in der Pinakothek der Moderne noch zu sehen ist, stieß ich auf die Galerie Thomas, die zeitgleich eine Ausstellung von Klees Werken zeigt mit dem viel versprechenden Titel „Paul Klee. Musik und Theater in Leben und Werk.“ Diese Perspektive hat mich sofort fasziniert. Als glühender Verfechter der Folkwang Idee interessiere ich mich brennend für alles, was verschiedene Künste in Verbindung miteinander bringt, und so wollte und konnte ich mir die Ausstellung unmöglich entgehen lassen.
In der Galerie angekommen befindet sich bereits in der Vorhalle ein sogenannter Selfie-Point. Das gefällt mir ganz gut. Wenn das Fotografieren in der Ausstellung nicht gestattet ist, bietet es dem Besucher immerhin eine Möglichkeit, ein Foto zu machen, das in konkretem Zusammenhang mit der Ausstellung steht.
In der Galerie selbst erwartet mich ein heller Vorraum, in dem man gemütlich sitzen und in verschiedenen Katalogen und Kunstbüchern lesen kann. In einer Ecke wird ein einstündiger Film über Klee gezeigt, einige Menschen sitzen dort auf Stühlen. Diverse biografische Tafeln geben einen Überblick über Klees Leben und sein Wirken. Auch und oft in Beziehung zur Stadt München.
Von dort geht es links in einen Raum, in dem Kunstwerke hängen, die man kaufen kann. Dort hängen auch Exponate von Klee. Eines sieht fast so aus wie eines meiner Konstrukte mit der #ConstruktKlee App der Pinakothek. Ich freue mich sehr, dass ich mit Elementen von Klee zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen bin wie er selbst, ohne es vorher gekannt zu haben.
Durch die andere Tür komme ich schließlich in einen überschaubar großen Raum, der abgedunkelt ist, die ausgestellten Werke aber perfekt ausleuchtet. Sie hängen in Vertiefungen in der Wand, unter jedem Bild findet sich ein kleiner Text, der das Bild beschreibt und auch in den geschichtlichen und inhaltlichen Kontext einordnet. Ich finde das hervorragend, denn auf diese Weise kann auch jemand, der nicht mit jedem einzelnen Werk vertraut ist, viel über das Bild lernen und explizit nach etwas in dem Werk suchen.
Die Ausstellung ist großartig. Klee erschließt sich mir hier als Mensch auf ganz neue Weise. Man sieht, wie wichtig Musik und Theater für ihn sind, welch große Rolle beides, aber insbesondere die Musik, für ihn spielt. Er war nicht nur Maler, sondern auch Musiker. Auch finde und erkenne ich einen fantastischen Humor in seinen Bildern. Wirklich laut zum Lachen bringt mich eine Zeichnung aus dem Jahr 1914. Sie trägt den Titel „Instrument für die neue Musik“. Auch ohne den Text unter dem Bild zu lesen, erkennt man sofort, dass Klee diese Art von Musik nicht leiden konnte. Diese Zeichnung ist für mich ein Schlüssel zu seiner Persönlichkeit. Ich fühle mich ihm verbunden, denn ähnlich ergeht es mir mit der „Zwölftontechnik“, die für mich schwer zugänglich bis unerträglich ist. Müsste ich ein Instrument für diese Musik zeichnen- und könnte zeichnen -, würde es exakt so aussehen wie Klees Instrument.
Da es leider nicht erlaubt war, diese Leihgabe aus Privatbesitz zu fotografieren, habe ich mal im Netz geschaut und sie auf der Seite der Typografischen Gesellschaft München gefunden.
Ausgestellt sind dort auch einige von Klees Handpuppen, eine Münchner Spezialität, da Klee durch die Auer Dult dazu angeregt wurde. Die Handpuppen waren allerdings sein Leben lang keine Kunstwerke für ihn, sondern ausschließlich Spielzeug, hergestellt für seinen Sohn Felix. Die Handpuppen waren eine „Mischung aus Kasperletheater und satirischer Revue“(*).
Die Werke, die in dieser Ausstellung zusammengetragen sind, sind jedes für sich eine Offenbarung Paul Klees als Mensch. So beeindruckend die Ausstellung in der Pinakothek der Moderne auch ist, diese Ausstellung zieht mich in ihren Bann. Ich hätte stundenlang dort verweilen wollen. Die Pinakothekenausstellung ist wie ein Lehrstück seines Schaffens und wunderschön aufbereitet mit Fotos und Farben und großflächigen Ausstellungswänden. Diese hier ist eher wir ein Fotoalbum oder ein Tagebuch. Klee, der Maler und Musiker, wird hier auf eindrückliche Weise in einen künstlerischen und gleichzeitig biografischen Kontext eingebunden.
Auf vielen Bildern lassen sich Zeichen der musikalischen Bildsprache entdecken. Das Aquarell Komische Alte zeigt ein Gesicht, dessen Ohren und Mund durch verschiedene Notenschlüssel gestaltet sind. Die Sängerin L. als Fiordiligi zieren Locken, die aussehen wie Violinenschlüssel, aber auch erinnern an das F-Loch einer Geige.
Raimund Thomas schreibt im wundervollen Vorwort des Katalogs zu dieser Ausstellung auch darüber, wie es zu diesem Projekt kam. Seine Begegnung mit dem Bild Die Sängerin L. als Fiordiligi „war spontane Liebe auf den ersten Blick! Was für ein Meisterwerk!“ Es handelt sich um das Bild, das für den Selfie-Point ausgewählt wurde und ebenso den Titel des lohnenswerten Ausstellungskatalogs ziert.
Die Sängerin L. als Fiordiligi gilt als Klees bedeutendstes Opernbild und ist zugleich eines der Motive, die er in seinem Gesamtwerk am häufigsten wiederholten hat. Am Anfang der Werkreihe stand eine Zeichnung, die Klee zum Durchpausen nutzte. 1927 entstand so auch erneut die Sängerin der komischen Oper im Querformat und auf dunklem Untergrund, die in der Ausstellung der Pinakothek zu sehen ist.
Diesem Bild haben wir zu verdanken, dass diese Ausstellung von einem Plan zur Wirklichkeit wurde. Thomas schreibt:
„zuletzt wird es die Zufriedenheit von Ihnen sein, die mich auf den Einsatz an Zeit und Kraft dankbar zurückblicken lässt, aber erst dann, wenn sich Ihr Blick auf Klee wirklich erweitert hat. Ich wünsche mir, dazu beigetragen zu haben.“
Was mich betrifft, kann er dies tun. Meinen Blick auf Klee hat diese Ausstellung erweitert. Ja, nicht nur das. Für mich ist Klee erst durch diese Ausstellung zu einem Künstler geworden, für den ich echte Begeisterung empfinde. Dieses ehrgeizige Projekt hat mich zu einem echten Klee-Liebhaber werden lassen.
(*) Vgl. Paul Klee , Musik und Theater in Leben und Werk, Katalog zur Ausstellung, Hrsg. Christine Hopfengart, Copyright Galerie Thomas, Wienand Verlag, Köln und die Autoren