(M)ein neuer Blick auf MODIGLIANI

Modigliani - Nude 
1917
 - Oil paint on canvas 
- 890 x 1460 mm
 - Private Collection
Head
c.1911 
- Medium Stone
 - 394 x 311 x 187 mm
 - Harvard Art Museums/Fogg Museum, Gift of Lois Orswell 
© President and Fellows of Harvard College
Head
c.1911 
- Medium Stone
 - 394 x 311 x 187 mm
 - Harvard Art Museums/Fogg Museum, Gift of Lois Orswell 
© President and Fellows of Harvard College

Bei meinem letzen Besuch in London hatte ich es nicht mehr in die Ausstellung geschafft, das wollte ich nun auf alle Fälle nachholen. Von Modigliani waren mir in erster Linie seine Aktbilder bekannt, allen voran das Gemälde einer nackten Frau. Es hing als riesiges, gerahmtes Poster im Studentenzimmer eines Freundes: Nude 1917. Die Frau, besser gesagt ihr Blick, erschien mir immer sehr kalt, ja unnahbar und dennoch, oder vielleicht genau deshalb, wirkte sie auf mich sehr schön.

Ein weiteres Bild, das ich mit ihm verband, war das einer Frau, die keine Augen hat. An der Stelle, an der die Augen sein sollten, hat er nur weiß gemalt. Mein Eindruck einer unnahbaren kalten, in diesem Fall fast wie toten Frau, verstärkte sich bei mir dadurch. Ich habe mich immer gefragt, warum er Frauen so malte. Genau ist das bis heute nicht klar. Was es natürlich ermöglicht, eigene Vermutungen dazu anzustellen.

Was mir von ihm bislang nicht bekannt war, sind seine in Stein gehauenen Skulpturen. Ich hatte darüber gelesen, aber nie bewusst eine gesehen. Das änderte sich bei meinem Besuch der Ausstellung. Die Köpfe waren in Vitrinen aufgestellt, die in Reihen angeordnet waren. Der Raum war sehr klein und aufgrund der vielen Besucher konnte man nicht in Ruhe und lange vor diesen Köpfen verweilen. Aber der Ausdruck dieser Gesichter war für mich ein völlig anderer. Abgesehen von der Technik, die mich beeindruckt hat -die Skulpturen scheinen mit nur wenig Linien auszukommen und erreichen dennoch eine starke Aussagekraft – sind diese Gesichter, die ich zum großen Teil als weiblich interpretiert habe, nicht kalt. Sie sind schön, teilweise auch majestätisch, aber gleichzeitig warm, freundlich, ja sogar heiter im Ausdruck. Leider darf man in dieser Ausstellung überhaupt nicht fotografieren und bei den offiziellen Pressebildern ist nur ein Kopf dabei, aber auch an diesem kann man meines Erachtens die Ausstrahlung des Gesichts gut erkennen.

In Raum 6 befinden sich zahlreiche Portraits, die Modigliani von verschiedenen anderen Künstlern anfertigte, darunter auch von Pablo Picasso. Wie man in dem sehr ausführlichen Führer (zum Download auf der Seite des Tate Modern) nachlesen kann, gehörte Modigliani zwar nie zum innerem Kreis von Picasso, aber ihre Wege kreuzten sich oft. Modigliani bewunderte die Arbeit von Picasso, über den er sagte, dass „Picasso uns immer zehn Jahre voraus ist“. Weniger begeistert war er jedoch über seine Schneiderwahl:  „Er mag Talent haben. Aber das ist kein Grund, warum er sich nicht anständig anziehen sollte.“ Picasso hingegen lobte Modiglianis Stil:

„Dort ist nur ein Mann in Paris, der sich zu kleiden weiß und das ist Modigliani.“

Die Ausstellung von Picasso, die derzeit in er Modern Tate zu sehen ist, werde ich mir bei meinem nächsten Besuch ansehen.